Ständig
Stau, nervige Parkplatzsuche und aggressive Verkehrsteilnehmer – vom
ungesunden Co2-Ausstoß mal ganz zu schweigen – mit dem Auto in der Stadt
unterwegs zu sein, macht oft überhaupt keinen Spaß. Es müssen also
Alternativen her, nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern auch im
Sinne der Lebensqualität der Stadtbewohner. Dabei beginnt die
Verkehrswende bereits vor der Haustür: hier entscheidet, welches
Verkehrsmittel am einfachsten zugänglich ist. Und das ist in den meisten
Fällen das Auto. Durchschnittlich 57 Prozent aller Wege in Deutschland
werden laut Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur mit dem
motorisierten Individualverkehr zurückgelegt. Schließlich gibt es meist
Stellplätze direkt vor der Haustür. Es kommt also darauf an, ob und
welche Alternativen zum Auto im unmittelbaren Wohnumfeld zu finden sind.
Fahrrad günstiger als Auto
Auf der Kostenseite gibt es deutliche Vorteile des Fahrrads gegenüber
dem Auto: So kostet die Erstellung eines Stellplatzes in einer
Fahrradbox lediglich 1.000 Euro, ein Kfz-Stellplatz in einer Tiefgarage
hingegen 25.000 Euro. Auch beim Erwerb hat das Fahrrad die Nase vorne:
Ein Fahrradstellplatz ist beim Wohnungskauf inklusive, ein
Kfz-Stellplatz kann gerne bis zu 98.000 Euro kosten. Auch in Sachen
Flächenverbrauch liegt das Fahrrad vorne: Ein Auto benötigt 12 m²
Fläche, was Platz für zehn Fahrräder oder vier Lastenfahrräder bedeutet.
Mit Hilfe der Stellplatzsatzung können Kommunen hier verkehrspolitisch
eingreifen, indem sie bei Neubauten Höchstzahlen von Stellplätzen
festlegen oder sogar die Stellplatzpflicht ganz abschaffen. Doch nicht
nur in Sachen Stellplätze müsste umgedacht werden, sondern auch was die
Radwege betrifft. Hier sind deutsche Städte im Vergleich zum Ausland
leider rückschrittlich: so investierte im Jahr 2018 die Stadt München
lediglich 2,30 Euro je Einwohner in den Radverkehr und Berlin 4,70 Euro
je Einwohner. Die Stadt Kopenhagen gab im Vergleich dazu 35,60 Euro
jährlich je Einwohner für den Radverkehr aus.
Die Qual der Wahl
Sind die Rahmenbedingungen wie Stellplätze und Wege verbessert, kommt
es dann auf die Auswahl des richtigen Fahrrads an. Hier ist das Angebot
groß: Vom klassischen Fahrrad, über ein Lastenrad bis hin zu einem
E-Bike, sollte für jeden Bedarf etwas dabei sein. Besonders E-Bikes
liegen im Trend. Man gelangt deutlich schneller als mit einem
herkömmlichen Fahrrad von A nach B und das sogar ohne ins Schwitzen zu
kommen. Gerade für Berufspendler ein entscheidender Vorteil. Dass
E-Bikes nicht immer unschön aussehen müssen, sondern echte
Design-Objekte sein können, zeigen beispielsweise Marken wie VanMoof, Cowboy oder Ampler.
Diesen Fahrrädern sieht man nicht mal an, dass sie einen Akku haben,
was für die ein oder andere Überraschung bei anderen Verkehrsteilnehmern
an der Ampel sorgen dürfte. Wem die Anschaffungskosten zu hoch sind,
der kann auch auf Abo- oder Sharingmodelle, zumindest bei herkömmlichen
Fahrrädern, zurückgreifen.
Alternativen zum eigenen Auto
Für Fahrten, die sich nicht mit dem eigenen Auto bewerkstelligen lassen, gibt es neben dem ÖPNV auch zum eigenen Auto genügend Alternativen. Die Vielfalt an Car-Sharing-Angeboten ist vor allem in Großstädten mittlerweile riesig: ob WeShare, ShareNow, Miles und Co. – hier hat der Verbraucher die Qual der Wahl.
Modell der Zukunft: Mobilitätsstation
Der VCD, ein gemeinnütziger Umweltverband, sieht mehrere Stufen für
die Verkehrswende in Wohnquartieren vor: Die erste Stufe sieht unter
anderem fußläufige Wege zu Haltestellen, Parken vorrangig für E-Autos
und einen verbesserten Anschluss an das Radwegenetz vor. Die zweite
Stufe beinhaltet unter anderem Carsharing-Angebote und Fahrradverleih
(inkl. Reparatur) direkt vor Ort. Die letzte Stufe als Vorreiter in
Sachen Verkehrswende sieht unter anderem Mietertickets, verkehrsberuhige
Zonen und eine sogenannte Mobilitätsstation vor. Das Konzept der
Mobilitätsstationen ist für Wohnquartiere besonders spannend: hier
werden alle Verkehrsangebote und Dienstleistungen verknüpft. Hier kann
man Umsteigen, Leihen, Parken, Tauschen und Reparieren – vom E-Rad bis
hin zum Carsharing-Auto. Es gibt also noch viel zu tun in Sachen urbane
Mobilität der Zukunft.
Im Wohnquartier Luisenpark in Berlin-Mitte wurden bereits die Weichen
für die Mobilitätswende gestellt: Hier gibt es auch Stellplätze für
E-Autos. Angebote wie beispielsweise die quartierseigene Kita sorgen
außerdem für kurze Wege.